Bundestag verabschiedet Gesetz zur Reform der Intensivpflege und der Rehabilitation (Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz – GKV-IPReG)

Am 02.07.2020 hat der Bundestag den Gesetzentwurf „zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (BT-Drs. 19/19368) in der vom Gesundheitsausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 19/20720) in 2. und 3. Lesung beschlossen. Das Gesetzgebungsverfahren soll im Herbst endgültig abgeschlossen werden.

 

Mit dem GKV-IPReG wird die außerklinischen Intensivpflege neu geregelt. Der Gesetzgeber verfolgt damit das Ziel, die Versorgung von intensivpflegebedürftigen Versicherten, insbesondere von Beatmungspatienten und Patienten mit Tracheostoma, zu verbessern, Fehlanreize in der Intensivpflege zu beseitigen und die Selbstbestimmung der Betroffenen zu stärken. Hierzu hat der Gesetzgeber folgende zentrale Regelungen geschaffen:

 

  • Es wird ein neuer Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege (§ 37e SGB V) eingeführt. Der Leistungsanspruch ist geknüpft an einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege und muss von einem besonders qualifizierten Arzt verordnet werden. Die außerklinische Intensivpflege kann in vollstationären Pflegeeinrichtungen, in Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen, in qualitätsgesicherten Intensivpflege-Wohneinheiten, in der eigenen Häuslichkeit sowie in geeigneten Orten (z.B. Schulen, Kindergärten und in Werkstätten für behinderte Menschen) erbracht werden. Bei der Auswahl des Leistungsortes hat die Krankenkasse grundsätzlich den Wünschen des Betroffenen zu entsprechen. Dies gilt, soweit die medizinische und pflegerische Versorgung an diesem Ort tatsächlich und dauerhaft sichergestellt werden kann. Die Pflege in der eigenen Häuslichkeit bleibt damit umfassender als noch im ersten RISG-Entwurf vorgesehen möglich. Die Entscheidung über den Ort der Leistungserbringung trifft die Krankenkasse nach Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD). Der MD prüft jährlich im Auftrag der Krankenkassen im Rahmen einer persönlichen Begutachtung, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Das stößt bei Betroffenenverbänden weiterhin auf Kritik.

 

  • Damit die Intensivpflege in stationären Einrichtungen bezahlbar werden soll, müssen Intensiv-Pflegebedürftige in stationären Pflegeeinrichtungen weniger Eigenanteile tragen. Von den Krankenkassen werden nun insbesondere auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung übernommen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich bisher viele Versicherte gerade wegen dieser Kosten gegen eine Versorgung in der stationären Pflegeeinrichtung und für eine Versorgung in der Häuslichkeit, die mit deutlich größeren Kosten für die GKV verbunden sind, entschieden haben.

 

  • Es dürfen nur qualitätsgeprüfte Pflegedienste außerklinische Intensivpflege erbringen. Einen Versorgungsauftrag wird nur erhalten, der die Einhaltung von gesonderten Rahmenempfehlungen gewährleistet (§ 132j SGB V). Diese Rahmenempfehlungen werden insbesondere Vorgaben enthalten zu:

 

  • personelle Anforderungen,
  • strukturelle Vorgaben für Wohneinheiten einschl. baulicher Qualitätsanforderungen,
  • Vorgaben zur Qualitätssicherung,
  • Vergütungsgrundsätze,
  • Kooperationsverpflichtungen mit dem jeweils verordnenden Vertragsarzt und dem Krankenhaus sowie mit nichtärztlichen Leistungserbringern,
  • Qualitätsvorgaben und
  • ein Prüfverfahren

 

Die Rahmenvorgaben werden vom GKV-Spitzenverband und den einschlägigen Spitzenorganisationen auf Leistungserbringerseite (sowohl vollstationär als auch ambulant) vereinbart.

 

  • Krankenhäuser werden verpflichtet, eine qualifizierte fachärztliche Feststellung des Beatmungsstatus vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten durchzuführen. Zudem werden finanzielle Anreize geschaffen, dass Patienten von der künstlichen Beatmung entwöhnt werden.

 

  • Der GKV-Spitzenverband und das BMG werden u.a. die Entwicklung der Leistungsfälle, die Leistungsdauer, den Leistungsort evaluieren (§ 37c Abs. 5 SGB V).

 

Weiteres Ziel des Gesetzes ist es, den Zugang zur medizinischen Rehabilitation zu verbessern. So wird etwa die medizinische Erforderlichkeit einer vertragsärztlich verordneten geriatrischen Rehabilitation von der Krankenkasse nicht mehr vorab genehmigt (§ 40 SGB V), soweit der verordnende Vertragsarzt die Leistungsvoraussetzungen durch geeignete Instrumente überprüft hat. Die Erforderlichkeits- bzw. Bedarfsprüfung der Kostenträger entfällt damit. Das ist eine Verbesserung für die Patienten und Leistungserbringer, weil damit der Zugang zur Leistung beschleunigt wird.