Mit dem Referentenentwurf eines Gesetzes für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale Versorgung-Gesetz – DVG), den das BMG am 15.05.2019 vorlegte, läutet das Ministerium die nächste Runde in Sachen digital health ein. Der Gesetzentwurf sieht Maßnahmen vor, die den Zugang digitaler Innovationen in die Regelversorgung erleichtern, die Entwicklung innovativer telemedizinischer Versorgungsangebote forcieren, die Telematikinfrastruktur ausbauen und neue Impulse für die Entwicklung innovativer Versorgungsansätze geben. Die wichtigsten Vorhaben des Entwurfs im Überblick:

 

1. Digitale Gesundheitsanwendungen: Leistungsanspruch, Nachweis von Versorgungseffekten und Vergütung

Das Gesetz schafft einen Leistungsanspruch der Versicherten auf digitale Gesundheitsanwendungen, das meint insbesondere Software und „Gesundheits-Apps“.

Das BfArM wird beauftragt, ein amtliches Verzeichnis erstattungsfähiger digitaler Gesundheitsanwendungen zu führen und auf Antrag der Hersteller über die Aufnahme zu entscheiden.

Im Antrag muss der Hersteller die Erfüllung der Grundanforderungen an Sicherheit/Funktionstauglichkeit/Qualität darstellen und positive Versorgungseffekte nachweisen. Ist der Nachweis noch nicht möglich, können digitale Gesundheitsanwendungen trotzdem zunächst befristet für zwölf Monate in die Versorgung aufgenommen werden. Während dieser Zeit muss dann der Nachweis des positiven Versorgungseffektes erfolgen.

Nach Aufnahme in die Versorgung verhandeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Hersteller die Vergütung. Das BMG wird – absehbar bald - durch Rechtsverordnung Näheres zum Verfahren der Aufnahme in das Verzeichnis und zum Nachweis positiver Versorgungseffekte regeln.

 

2. Telemedizin: Videosprechstunde und Konsile

Die Videosprechstunde soll deutlich ausgebaut und der Zugang vereinfacht werden. U. a. wird klargestellt, dass die erforderliche Aufklärung und Einwilligung im Rahmen telemedizinischer Behandlungen in deren Rahmen über Fernkommunikationsmittel erfolgen kann. Das derzeitige Verbot der Bewerbung von Videosprechstunden im Heilmittelwerbegesetz soll entfallen.

Telekonsile sollen „in einem weiten Umfang“ in der vertragsärztlichen Versorgung und sektorenübergreifend ermöglicht und extrabudgetär vergütet werden – Frist für die Umsetzung im EBM: neun Monate.

 

3. Elektronische Patientenakte:  nächste Schritte

Die medizinischen Daten aus der vertragsärztlichen Versorgung werden ab dem 1. Januar 2021 in der elektronischen Patientenakte (ePA) gespeichert. Im ersten Schritt muss die Gesellschaft für Telematik bis zum 31. März 2021 die technischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass Impfausweis, Mutterpass, Untersuchungsheft für Kinder sowie Zahn-Bonusheft Bestandteil der ePA werden. Im zweiten Schritt folgen die standardisierte Datenübertragung bei Krankenkassenwechsel und eine Datenübertragung zum Zwecke medizinischer Forschung.

Das Anlegen sowie das Verwalten und die Speicherung von Daten in der ePA wird Praxen und MVZ entsprechend vergütet.

 

4. Telematikinfrastruktur: weitere Vernetzung

Weitere Leistungserbringer werden mit der Telematikinfrastruktur vernetzt: Apotheken müssen sich bis zum 31. März 2020 und Krankenhäuser bis zum 1. März 2021 anbinden. Gefördert wird außerdem die freiwillige Vernetzung von Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen, Hebammen bzw. Entbindungspflegern sowie Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten.

 

5.   Digitaler Workflow: Das e-Rezept für Heil- und Hilfsmittel

Die Selbstverwaltung wird verpflichtet, den Weg für das elektronische Rezept für Heil- und Hilfsmittel zu ebnen. 

 

6.   Krankenkassen:  Funding erlaubt

Krankenkassen dürfen die Entwicklung digitaler Innovationen (digitale Medizinprodukte, künstliche Intelligenz, telemedizinische oder IT-gestützte Verfahren) fördern. Sie dürfen sich an der Entwicklung mit bis zu zwei Prozent ihrer Finanzreserven beteiligen, wenn das mit einer fachlich-inhaltlichen Kooperation zwischen Krankenkasse und Beteiligungsgesellschaft einher geht. Verträge über eine besondere Versorgung mit Anbietern digitaler Versorgungsangebote zu schließen wird erleichtert.

 

7.   Innovationsfonds und Innovationsausschuss

Der Innovationsfonds erhält für die Jahre 2020 bis 2024 weitere 200 Millionen Euro, nicht verausgabte Mittel sollen auf das folgende Haushaltsjahr übertragen werden können.

Erfolgreich erprobte Versorgungsansätze sollen zügig in die Regelversorgung gelangen: Bei Vorhaben zu neuen Versorgungsformen muss der Innovationsausschuss innerhalb von drei Monaten eine Empfehlung dazu beschließen, ob eine Überführung erfolgen soll. Bei Vorhaben zur Versorgungsforschung kann der Ausschuss eine entsprechende Empfehlung beschließen. Die Beschlüsse müssen einen konkreten Vorschlag enthalten, wie die Überführung erfolgen soll. Der Gemeinsamen Bundesausschuss hat im Anschluss zwölf Monate Zeit, die Aufnahme in die Versorgung beschließen.

 

Dr. Thomas Willaschek